Zukunftsfragen deutscher Politik
10. Jubiläum des Herrenhäuser Wirtschaftsforums
Wie blickt die Welt auf Deutschland? Wohin geht Deutschlands Reise? Ist unser Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort zukunftsorientiert ausgerichtet?
Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble, Joschka Fischer (ehemaliger Vizekanzler und Außenminister), Melissa Eddy (Berlin-Korrespondentin der New York Times), Unternehmerin Fränzi Kühne und Thomas Düffert (Vorsitzender der Konzerngeschäftsführung der MADSACK Mediengruppe) diskutierten auf dem Herrenhäuser Wirtschaftsforum 2019 gemeinsam mit Moderatorin Astrid Frohloff über diese Zukunftsfragen deutscher Politik. Künstlerin Katie Melua sorgte für die musikalische Untermalung des Abends.
Das 10. Herrenhäuser Wirtschaftsforum wurde wieder gemeinsam veranstaltet von NiedersachsenMetall und dem Industrie-Club Hannover. Dr. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer von NiedersachsenMetall, begrüßte die rund 500 Gäste in der Galerie Herrenhausen: „Freiheit, Engagement und Verantwortung vorantreiben, das ist ein zentrales Anliegen dieser Veranstaltung.“ Er forderte: „Wir brauchen mehr Austausch zwischen Wirtschaft und Politik.“ Dr. Carsten Kuhlgatz, Vorstandsvorsitzender des Industrie-Club Hannover, appellierte in seiner Begrüßung, in Zeiten der Digitalisierung den Menschen mitzunehmen und zuzuhören, was sie wollen.
Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble machte in seinem Impulsvortrag deutlich: „In disruptiven, strukturellen Veränderungen durch Globalisierung und Digitalisierung wurden bisher unzulängliche Antworten gegeben. Dieses Problem lösen wir mit Innovationen und Investitionen in Bildung und Forschung.“ Und weiter: „Das ökonomische Knappheitsgesetz hat oft mehr mit ökologischer Nachhaltigkeit zu tun, als diejenigen denken, die mit immer neuen Schulden versuchen, das Klima zu retten.“ Außerdem rief Schäuble dazu auf, die „Gabe der Freiheit“ zu nutzen: „Wir brauchen die Bereitschaft, über Grenzen hinweg zu denken. Wir müssen uns um ein neues Gleichgewicht bemühen. Dazu braucht es Führungsstärke. Und Führung zu wagen heißt, Verantwortung zu übernehmen“, brachte er es auf den Punkt.
Den Auftakt der anschließenden Diskussionsrunde gab Ex-Außenminister Joschka Fischer. Seiner Meinung nach kommen derzeit drei fundamentale Herausforderungen zusammen: die Digitalisierung, die durch Donald Trump beendete Pax Americana und die Erschütterung der Weltordnung durch den Aufstieg Chinas. Zum digitalen Umbruch sagte er: „Im Moment entscheidet sich, ob wir in der Digitalisierung abgehängt werden. Ein Halbfinale gibt es nicht.“
Das sah auch Fränzi Kühne so: „Es muss nicht jeder Mittelständler programmieren lernen, aber man sollte wissen: was bedeutet Technologie für mein Unternehmen?“ Was hilft, seien ihrer Meinung nach, divers aufgestellte Teams: „Die Strukturen, in denen einer an der Spitze alles allein entscheidet, haben sich bald überlebt.“
Thomas Düffert, Vorsitzender der Konzerngeschäftsführung der Madsack Mediengruppe, verwies in dem Zusammenhang auf den professionellen Journalismus: „Gerade in diesen digitalen Zeiten geht es um Vertrauen, Verantwortung und Werte wie Integrität.“ Wenn Menschen an der Tankstelle für 3,50 Euro einen schlechten Kaffee kaufen, aber keine 2,50 Euro pro Woche für die Digitalausgabe ihrer Tageszeitung übrig haben, ist das ein Problem, so Düffert: „Journalismus muss ein Geschäftsmodell bleiben.“
Melissa Eddy, Berlin-Korrespondentin der New York Times, versuchte den Gästen klarzumachen: „Man will die Deutschen rütteln, wie gut es ihnen geht. Man sollte sich nicht darauf ausruhen, aber stolz sein. Deutschland muss eine führende Rolle in Europa einnehmen - aber es benimmt sich gerade so wie der 30jährige Junge, der noch bei seiner Mutter zu Hause wohnt, weil es da so gemütlich ist“, sagte Eddy.
Gäste
Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble blickt wie kaum ein anderer auf ein bewegtes und facettenreiches politisches Leben zurück. Er ist seit 1972 Mitglied des Deutschen Bundestages, war unter anderem von 2009 bis 2017 Bundesminister der Finanzen, CDU-Fraktionsvorsitzender sowie Parteivorsitzender und handelte maßgebliche Teile des Einigungsvertrages mit aus. „Politische Stabilität ist eine Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum“, ist eine der Grundüberzeugungen des CDU-Politikers.
Dr. Wolfgang Schäuble setzt sich ein für ein starkes Europa. Er vertritt die Auffassung, dass Deutschland und Europa nur dann eine gute Zukunft haben, wenn man zusammensteht: „Ohne europäische Einigung wäre unser Wohlstand nicht so hoch und er ließe sich auch nicht halten.“
Der ehemalige Vizekanzler und Außenminister der Bundesrepublik Deutschland (1998-2005) führte die Grünen sowohl in die erste Regierungsbeteiligung auf Landesebene (Hessen) als auch auf Bundesebene. Joschka Fischer hatte von 2006 bis 2007 eine Gastprofessur an der Woodrow Wilson School der Princeton University (USA) inne. Joschka Fischer ist Gründungsgesellschafter von Joschka Fischer and Company.
Seit 2012 arbeitet Melissa Eddy als Berlin-Korrespondentin für die New York Times. Davor war sie für The Associated Press in Deutschland tätig, kam 2000 nach Frankfurt und zog 2005 nach Berlin. Im vergangenen Jahr konzentrierte sich ihre Berichterstattung auf die Herausforderungen der Migranten-Integration, die Kontroversen um „Fake News“ und die Digitalisierung des Landes.
Gemeinsam mit zwei Partnern ist Fränzi Kühne Gründerin und Geschäftsführerin der Digitalagentur „Torben, Lucie und die gelbe Gefahr“. Die 2008 gegründete Agentur unterstützt Unternehmen im Digital Business und zählt heute 200 Mitarbeiter. Fränzi Kühne ist Mitglied im Aufsichtsrat der Freenet AG und der Württembergischen Versicherung - und damit Deutschlands jüngste Aufsichtsrätin.
Thomas Düffert ist seit 2013 Vorsitzender der Konzerngeschäftsführung der MADSACK Mediengruppe. Zuvor arbeitete er in verschiedenen Managementpositionen im Verlag Gruner + Jahr im In- und Ausland. Thomas Düffert ist Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und Mitglied des Aufsichtsrates der dpa Deutschen Presse-Agentur.
Moderatorin Astrid Frohloff ist ein bekanntes Gesicht im Deutschen Fernsehen. Die ARD-Journalistin hat langjährige TV-Erfahrung und steht für anspruchsvollen Politikjournalismus. Die studierte Politik- und Literaturwissenschaftlerin moderierte zuletzt das Politikmagazin „Kontraste“ (ARD). Ihre neue TV-Reportagereihe „Besser geht immer“ zeigt innovative Lösungswege gesellschaftlicher Probleme.
Katie Melua ist eine der erfolgreichsten Musikerinnen Großbritanniens. Die georgisch-britische Sängerin und Songwriterin veröffentlichte 2003 ihr Debütalbum „Call Off the Search“. Mit sechs weiteren Alben und Hits wie „Nine Million Bicycles“ verkaufte sie mehr als 11 Millionen Alben.